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21.09.2024 – Rudern in NYC

Rudern in New York City – geht das denn?

Wie kommt man den auf solch eine Idee? Nun, manche sind beim Rudern auf die maximale Menge an Kilometern aus, anderer ergötzen sich mit ruhigem Schlag an schönen Landschaften und unbekannten Territorien. Oder man jagt mit sportlichem Ehrgeiz Siegen bei Regatten und Medaillen hinterher, oder man sucht auch die exotischen Herausforderungen. Und manchmal kommt auch Einiges davon in einem Geschehen zusammen…

In diesem Falle waren einige Teilnehmer bereits vor Jahren in Monaco zum Rudern, was man durchaus auch als exotisch betrachten darf. Zwischenzeitliche ruderische Abenteuer auf Ostsee und Nordsee kamen dazu. Die Idee vielleicht auch mal in New York City zu rudern ist von daher gar nicht allzu weit weg…

Zur Ausgangssituation „Rudern in NYC“. Neben rennsportlich orientiertem Rudern gibt es dort auch ein Community Bootshaus. Die Leute dort bauen einigermassen see- bzw. stromtaugliche Ruderboote, den uns bekannten Kuttern ähnelnd. Aussenrigger ohne Rollsitz, zu viert oder zu sechst zu rudern. Diese Community fährt dann einmal im Jahr „Round Manhattan“, als Höhepunkt der Saison sozusagen. Manhattan ist nämlich eine Insel, die durch Hudson River, East River und den Harlem River begrenzt wird und die somit auf dem Wasserwege umrundbar ist (auch mit der Circle Line). Wichtig ist es dabei die Gezeiten zu beachten, ruderisch hat man kaum eine Chance gegen die Strömung voran zu kommen. Auf dem Hudson River reicht die Flutwelle immerhin über 100 Meilen stromaufwärts…

Punkt zwei der Ausgangssituation ist eine Vernetzung deutscher Ruderer in der ganzen Welt. Hier kommen jetzt besonders Detlef Kriemann (früherer Leistungsruderer und international tätiger Rudertrainer und Hartmut Buschbacher (langjähriger Nationaltrainer in USA und Deutschland) ins Spiel. Detlef hat bereits mehrfach solche Ruderreisen organisiert.  Ganz wichtig für diese Unternehmung ist hierbei der deutsche Medienkünstler Ingo Günther, der in NYC lebt und im Community Rowing Club als Mitglied dabei ist. Dadurch wurde es am Ende möglich, dass es im September 2024 zweimal die Tour „Round Manhattan“ geben würde, einmal für die Community und einmal für das Team Deutschland/Schweiz. Ingo hat vor und während unserer Touren zum Zustandekommen derselben beigetragen. Und ist auch jeweils im Begleitboot mitgefahren. Wir kamen über Frank F zu der Einladung, die uns nach New York hat reisen lassen.

Dort trafen sich dann eine größere Truppe vom SCBK (ehemalige Dynamo‘s) sowie Ruderer von Energie, aus der Schweiz, aus den USA, eine Gruppe Damen und Herren aus Hamburg und wir von Rotation.

Auf dem Plan waren zwei Rudertouren – einmal um die Freiheitsstatue und einmal „Round Manhattan“. Und das innerhalb von vier Tagen, in Abhängigkeit von Wetter und Gezeiten.

Als erster Rudertag war am 19. September um 15:00 „Round Liberty Island“ angesetzt. Am Morgen des Tages gab es dann Windwarnungen, die fast zur Absage geführt hätten. Wir blieben jedoch bei der Verabredung um 15:00 am Community Bootshaus auf dem Pier 40. Was auch gut so war. Das Wetter gestaltete sich wesentlich schöner als die Windwarnung hätte vermuten lassen. Und so startete dann unsere erste Rudertour. Zuerst einmal mussten alle Boote per Kran zu Wasser gelassen werden. Vorher wurden die Ausrüstung und die Boote kontrolliert. Das hat dann wohl beim letzten Boot, einem Sechser, nicht ganz richtig funktioniert. Eine Ablassschraube fehlte und so musste das Boot erst einmal entleert werden, bevor es zum Einsteigen bereit war… Zwei Stunden nach dem Wässern des ersten Bootes ging es dann los. Den Hudson River queren und dann um die Ecke nach Westen zur Freiheitsstatue. In den Booten wird mit Riemen gerudert, auf jeder Bank ein Ruderer. Beineinsatz gibt es dadurch keinen, man rudert mit den Armen und mit Schwingen des Oberkörpers. So ähnlich wie beim Kutterrudern. Die Blätter werden auch nicht gedreht. Gesteuert wurden die Boote jeweils von Mitgliedern des lokalen Vereins. Und wir hatten in der Regel auch immer einen „Passenger“ an Bord. Und somit wurde dann auch immer mal wieder getauscht, damit jeder mal mit dem Rudern dran sein konnte.

Es war windig. Es gab Strömung. Und es war wellig! Der grösste Teil der Wellen wurde von anderen Schiffen verursacht – Fähren, Waterbusses, Ausflugsdampfer, Sportboote, Jetskis,… Und das waren Wellen! So hoch wie auf der See, nur wesentlich kürzer folgend! Eine Herausforderung für die Steuerleute wie auch für die Boote, die damit aber erstaunlich gut klarkamen. Der Ruderer in der Spitze konnte da schon mal „abheben“, um dann hoffentlich wieder auf seiner Bank zu landen…

Nach 6,5 km war die Freiheitsstatue halb umrundet. Zurück ging es an Ellis Island vorbei und wir hatten unsere erst Brücke in New York. Nach knappen 13 km waren wir wieder bei Pier 40. Boote kranen und in die Halle fahren. Anschliessend trafen sich ein Teil der Truppe im Ears Inn, einem der ältesten Pubs in NYC. Es war ein schönes Erlebnis. Die große Runde erscheint realistisch machbar.

Zwei Tage später dann Treffen um 7:15 zur großen Fahrt „Round Manhattan“. Es gibt erste Ausfälle – wunde Hinterteile wegen zu viel Reibung auf der Sitzbank… So reduzierte sich die Armada auf vier Vierer und einen Sechser, ein Vierer war nicht mehr zu besetzen. Da wir die Thematik erkannt haben hatten wir uns vorher in einem Shop sechs sehr schöne Sitzkissen als Unterlage gekauft, das sollte sich noch als Überlebensgarantie erweisen.

Die Boote kamen diesmal etwas schneller zu Wasser, beginnende Routine erkennbar. Die Tour beginnt den Hudson River abwärts, Das ist mit dem Wind und bei wenig Strömung. Wir kommen um die Spitze Manhattans herum (Battery) und durchqueren die großen Brücken am East River – Brooklyn Bridge und Manhattan Bridge. Die Umstände sind gut für uns, noch strömt das Wasser mit der Flut und wir erreichen Geschwindigkeiten, die man sonst kaum im Gig-Achter zu rudern schafft. Und das bei diesen großen, breiten und schweren Booten und bei Rudern mit „festem Sitz“…

Eine erste Pause gibt es in Hallets Cove am Socrates Park. Das ist ca. 1/3 der Strecke. Diese Rast hat neben dem Erholungseffekt auch zwei andere Gründe. Zum einen wird das Timing der Umfahrt an die Tide angepasst. Und zum zweiten kann man hier Hallets Gate am Zufluss des Haarlem River beobachten. Strömung und Gegenströmung erzeugen ein recht beachtliches Wellenfeld auf dem East River und zeigen, wann die Flut sich verlangsamt. Und dann ist es auch Zeit, wieder aufzubrechen. Viele Meilen entlang des Haarlem River, den die wenigsten New York Touristen jemals gesehen haben Der aber Manhattan von Queens und Bronx trennt. Es geht eine ganze Weile den River entlang, Wohnbauten und Industrie wechseln sich ab. Am Ende fahren wir noch an einem Ruderverein vorbei, die hier auch mit Rennbooten unterwegs sind (Rollsitze!!!). Und dann biegen wir auf den Hudson River ein! Vorher noch eine Schikane. Die letzte Drehbrücke ist so flach, dass wir bei dem vorherrschen Wasserstand uns fast in die Boote legen müssen, um unbeschadet da durchzukommen.

Nach dem wir wieder auf dem Hudson sind gibt es die zweite Pause, In der Dyckman Marina im Fort Tryon Park. (Es darf zwar nicht geraucht werden in den Parks, es riecht aber sehr nach Gras…) Herrlicher Sonnenschein, schöner Sandstrand, Blick nach Südwesten auf Manhattan.

Die letzte Etappe beginnt. Und die letzte Brücke ist eigentlich die imposanteste – George Washington Bridge. Die nunmehr flussabwärts laufende Strömung trägt uns gut mit. Und der Nachmittagswind kommt aus Westen, ohne zu stark nach Süden abzuwandern. So kommen wir recht flott Richtung Downtown, vorbei an den prächtigen Bauten der Upper West Side. Dann die Hudson Yards, Javitts Center und die Piers am Hudson. Noch eine kleine Pause um ein ausfahrendes Kreuzfahrtschiff abzuwarten. Und schon nähern wir uns Pier 40, wo diese irre Ausfahrt ihr Ende findet.
Boote kranen und reinigen. Dann gibt es für alle Teilnehmer noch Pizza und Getränke (Auch alkoholfrei und auch gute Biere!)
Und damit war dann auch der ruderische Teil „Round Manhattan“ vorbei. Es war ein unglaubliches Erlebnis, ein tolles großes Team und eine harmonische kleine Mannschaft von Rotation! Für alle ein beeindruckendes Erlebnis und eine schöne Reise nach New York. Und das wird wohl noch nicht das letzte exotische Rudererlebnis gewesen sein, mal schauen, was da noch so kommen wird…

PP

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